In der Goldenen Woche (29.04.-05.05.), die nun leider hinter mir liegt, bin ich natürlich nicht nur mit Rina nach Tateyama gefahren, sondern habe mir auch einige weitere Sehenswürdigkeiten von Chiba angeschaut.
Eine dieser war der Chiba-Schrein (千葉神社, Chiba jinja), der nun auch die Ehre hat, der erste in meinem Blog vorgestellte shintoistische Sakralbau zu sein. Bei dem Shintoismus (神道, shintô, bedeutet soviel wie "Weg der Götter") handelt es sich übrigens um eine aus schamanistischen Wurzeln hervorgegangene, indigen japanische, polytheistische Religion. Die höchste Gottheit des Shintô ist die Sonnengöttin Amaterasu Ômikami (天照大神), von der das noch heute Japan regierende Kaiserhaus den Mythen gemäß abstammen soll.
Wie dem auch sei, so ist für mich zunächst eher das Bauwerk selbst von Interesse, da ich schon so ein kleines Faible für japanische Architektur habe (daher besuche ich zur Zeit auch ein Semi, dass sich der japanischen Landschaftsgestaltung und -architektur widmet). Naja, besonders für einen Shintô-Schrein ist natürlich das torii (鳥居) genannte Eingangstor, welches heilige Orte markiert und durch seine häufig rote Farbe auch böse Geister abwehren soll.
Solche torii könnt ihr rechts auf dem Foto sehen. Diese gehören aber nicht zum Chiba-Schrein selbst, sondern zu einem etwas abseits gelegenen Schrein von Benten-sama (弁天様), eine Göttin, die zu den sieben Glücksgöttern (七福神, shichi fukujin) zählt. Ihre Spezialgebiete sind vor allem Literatur, Kunst, Rhetorik und Wissenschaft, verbunden ist sie besonders mit dem Element Wasser und symbolisiert wird sie häufig durch Drachen oder Schlangen. Benten-sama erfährt außerdem auch im Buddhismus hin und wieder Verehrung, da sie sich unter anderem von der eigentlich hinduistischen Göttin Sarasvatī herleiten lässt (ihr seht, die Angelegenheit ist höchst kompliziert^.~). Das erklärt im übrigen auch die für shintoistische Heiligtümer tendenziell eher untypische Pagode im Bild.
Weiterhin wichtig für einen schintoistischen Sakralbau sind die paarweise auftretenden sogenannten komainu (狛犬). Diese stellen die Wachhunde (ihrem Aussehen nach eigentlich eher Löwen, im Japanischen heißen sie nun aber eben Hunde) eines Schreins dar (man kann sie jedoch durchaus auch bei Tempeln finden). In Hinblick auf die komainu hat der Chiba-Schrein neben der üblichen Form (siehe links) zudem eine etwas ausgefallenere Variante (unten rechts) zu bieten. In dieser kann man den Löwenhund nicht einfach nur stillsitzend und furchteinflößend dreinblickend sehen, sondern er verfolgt einen zweiten seiner Art, der eine glücksbringende Perle gestohlen hat.
Daneben hat der Chiba-Schrein allerdings auch noch jede Menge andere neckische Dinge zu bieten. Unter anderem einige drollige Steine für allerlei Zwecke (so etwas ist in Japan sehr beliebt). Da wären drei Kraftsteine (お力石, o-chikara ishi), die bei Berührung die körperliche Gesundheit und Kraft bewahren bzw. wiederherstellen sollen, sowie ein glückbringender schildkrötenförmiger Stein (福授の亀石, fukusazuke no kameishi). Die Schildkröte wird in den südostasiatischen Kulturen übrigens sehr verehrt. In Japan zählt sie zum Beispiel zu den Langlebigkeitssymbolen und man verbindet sie außerdem mit Treue und Loyalität, zudem ist sie Symboltier von Fukurokuju (福禄寿), einem weiteren der sieben Glücksgötter (der auch selbst oft mit Schildkrötenrücken dargestellt wird). Auf den folgenden zwei Fotos seht ihr zum einen die drei Kraftsteine und zum anderen den Schildkrötenstein.
Des Weiteren lädt vor allem die Hauptverehrungshalle zum Anbeten der Hauptgottheit des Schreins ein. Aber es gibt auch noch eine etwas größere Nebenverehrungshalle für Tenjin-sama (天神様), bei dem es sich um die Vergöttlichung eines Gelehrten und Edelmannes namens Sugawara no Michizane (菅原道真, 845-903) aus der Heian-Zeit (平安時代, 794-1185) handelt. Da er besonders als Poet geschätzt wird, ist er folgerichtigerweise heute Gott für Literatur und Gelehrsamkeit, weshalb er oft von Schülern und Studenten angebetet wird. Dies ist nicht zuletzt auch an dem Inhalt der zahlreichen Votivtafeln links neben seinem Schrein in dem Foto unten rechts erkennbar (wenn man Japanisch lesen und verstehen kann, versteht sich^.~).
Ansonsten verfügt der Chiba-Schrein noch über einen Teich mit zwei Brücken und einigen Koi darin. Den hätte ich euch ja auch gerne gezeigt, aber zur Zeit werden die Brücken gewartet und neu gestrichen, daher habe ich das Foto bisher nicht gemacht...
Aber man kann daneben auch noch Minischreine zu vielen anderen Gottheiten, darunter weitere der sieben Glücksgötter, allgemeine Naturgottheiten, wie z.B. für die Sterne, und Lokalgottheiten, finden. Eine Aneinanderreihung solcher kleinerer Anbetungsplätze könnt ihr links in Augenschein nehmen.
Auch Inari-sama (稲荷様), der sehr populäre Ernte-, Reis- und Fuchsgott, darf nicht fehlen. Sein Altar ist im Chiba-Schrein übrigens auch gleich an den zahlreichen Fuchsfiguren davor zu erkennen. Leider gibts davon aber kein Foto (verflixtes Gegenlicht)...
Zudem hatte ich das Glück just zur Blüte der Glyzinien (藤, fuji) im Schrein gewesen zu sein. Diese blühen zunächst nämlich einfach erstmal herrlich und zweitens schnüffeln sie prächtig. Zum Beweis des erstgenannten gibt es natürlich auch ein Bild.^.^'
So, damit hätte ich euch für heute genug beschwatzt! Zum Abschluss gönne ich euch noch einen Blick auf die Hauptverehrungshalle. Nur um ganz Wissbegierige zufrieden zu stellen, merke ich mal noch eben an, dass das, was ihr auf dem allerersten Foto dieses Blogeintrages seht, der Haupteingang des Schreins ist. Bis demnächst!
Donnerstag, 6. Mai 2010
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